D.9 Richtlinie für Bürgschaften
(§ 85 Filmförderungsgesetz (FFG))
Stand: 20.03.2025
Grundsatz
Förderungen nach dieser Richtlinie werden auf Grundlage von Art. 54 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (EU) Nr. 651/2014 vom 17. Juni 2014 (EU-ABl. L 187/1 vom 26. Juni 2014) in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 2023/1315 der Kommission vom 23. Juni 2023 (EU-Abl. L 167/1 vom 30. Juni 2023) - nachfolgend AGVO - gewährt. Die Förderung nach dieser Richtlinie erfolgt in Form von Garantien nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. c AGVO.
§ 1
Zweck
Die Filmförderungsanstalt (FFA) kann auf Antrag Bürgschaften zur Besicherung vertraglich vereinbarter Rückzahlungsverpflichtungen des/der Herstellers/in wegen Nichtfertigstellung des Films gegenüber beteiligten Fernsehveranstaltern sowie gegenüber vor- oder zwischenfinanzierender Banken oder sonstigen Kreditinstituten übernehmen.
Besichert werden können:
a) vertraglich vereinbarte Rückzahlungsverpflichtungen des/der Herstellers/in gegenüber einem Fernsehveranstalter wegen Nichtfertigstellung des Film,
b) vertraglich vereinbarte Rückzahlungsverpflichtungen eines Darlehens des/der Hersteller/in gegenüber vor- oder zwischenfinanzierenden Banken oder sonstigen Kreditinstituten wegen Nichtfertigstellung des Films aufgrund ausstehender Zahlungen von Förderhilfen anderer mit öffentlichen Mitteln des Bundes finanzierter Einrichtungen im Inland.
§ 2
Art der Bürgschaft
Der Vorstand ist berechtigt, die jeweils erforderliche Art der Bürgschaft zu erteilen. Falls es erforderlich sein sollte, ist der Vorstand auch berechtigt, eine selbstschuldnerische Bürgschaft unter Verzicht auf die Einrede der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage zu erteilen, die auf erste schriftliche Anforderung gegen Vorlage des Originals der Bürgschaftsurkunde durch den/die Gläubiger/in auszuzahlen ist.
§ 3
Antragsberechtigung
(1) Auf Antrag des/der Herstellers/in im Sinne von § 41 Abs. 1 Nr. 1 FFG kann die FFA gemäß § 85 FFG für einen nach §§ 61 bis 88 FFG geförderten Film Bürgschaften übernehmen. Im Falle der Übernahme einer Bürgschaft für eine vor- oder zwischenfinanzierende Bank oder sonstiges Kreditinstitut muss eine Bundesförderung beteiligt sein.
(2) Antragsberechtigt ist der/die Hersteller/in, mit dem/der die Beteiligungs- oder Finanzierungsvereinbarung geschlossen wurde. Die Nachweise sind vom/von der Hersteller/in gemäß § 4 dieser Richtlinie zu erbringen.
(3) In begründeten Ausnahmefällen kann auch der Koproduzent die Nachweise gemäß § 4 dieser Richtlinie erbringen.
(4) Einem Unternehmen, das einer Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren Beschlusses der Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer von demselben Mitgliedsstaat gewährten Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt nicht nachgekommen ist, darf keine Förderung nach dieser Richtlinie gewährt werden (Art. 1 Abs. 4 Buchst. a AGVO).
(5) Von der Förderung sind Unternehmen in Schwierigkeiten nach Art. 1 Abs. 4 Buchst. c AGVO ausgeschlossen. Unternehmen in Schwierigkeiten sind Unternehmen, auf das mindestens einer der Umstände nach Art. 2 Nr. 18. Buchst. a-e AGVO zutrifft.
(6) Von der Förderung ausgeschlossen sind Unternehmen bzw. Sektoren in den Fällen des Art. 1 Abs. 2, 3 und 5 AGVO.
§ 4
Antragsunterlagen
(1) Der/die Antragsteller/in hat der FFA rechtzeitig, d.h. mindestens einen Monat vor der erforderlichen Vorlage der Bürgschaft bei dem/der Gläubiger/in, alle für die Entscheidung des Vorstandes über die Erteilung einer Bürgschaft erforderlichen Unterlagen zu übermitteln, die eine sorgfältige und sachgerechte Prüfung des Risikos der FFA im Hinblick auf die mögliche Inanspruchnahme aus der Bürgschaft ermöglichen.
(2) Der Antrag soll digital über das von der FFA zur Verfügung gestellte Antragsportal gestellt werden.
(3) Folgende Unterlagen sind vorzulegen:
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- Bescheid der FFA bei Anträgen gemäß § 1 a) dieser Richtlinie
- Zusage der Förderung bei Anträgen gemäß § 1 b) dieser Richtlinie
- Schriftliche Beteiligungs- oder Finanzierungsvereinbarung mit dem Fernsehveranstalter oder der Bank bzw. mit dem Kreditinstitut, aus der sich Art und Höhe der finanziellen Beteiligung sowie die Bürgschaftssumme ergibt
- Name des Unternehmens
- Eigenschaft des/der Herstellers/in als Kleinstunternehmen, kleines oder mittleres Unternehmen (KMU)¹
- Beschreibung des Vorhabens mit Angabe des Beginns und des Abschlusses
- Standort des Vorhabens
- die Kosten des Vorhabens
- Art der Beihilfe und Höhe der für das Vorhaben benötigten öffentlichen Finanzierung
- Aktueller Fertigstellungsplan inkl. Drehplan
- Erläuterung zu den Risiken der Produktion
- Aktuelle Kalkulationszusammenstellung
- Aktueller Finanzierungsplan
- Glaubhaftmachung über die wirtschaftliche Situation des/der Herstellers/in, z.B. durch:
- Vorlag einen Nachweises darüber, dass der/die Hersteller/in drei von der FFA oder einer Bundes-/ Ländereinrichtung geförderte Filmprojekte erfolgreich abgeschlossen
hat - Testat eines Wirtschaftsprüfers
- Vorlag einen Nachweises darüber, dass der/die Hersteller/in drei von der FFA oder einer Bundes-/ Ländereinrichtung geförderte Filmprojekte erfolgreich abgeschlossen
-
Weitere Nachweise sind auf Anforderung der FFA vorzulegen.
¹ Nach der Definition der Europäischen Kommission (Anhang 1 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) 651/2014) zählt ein Unternehmen zu den KMU, wenn es nicht mehr als 249 Beschäftigte hat und einen Jahresumsatz von höchstens € 50 Mio. erwirtschaftet oder eine Jahresbilanzsumme von maximal € 43 Mio. aufweist. Bei einem Unternehmen,
das Teil einer größeren Gruppe ist, müssen je nach Höhe der Beteiligung die Mitarbeiterzahl und der Umsatz bzw. die Bilanzsumme der Gruppe mitberücksichtigt werden.
§ 5
Entscheidungszuständigkeit
(1) Ein Anspruch auf Übernahme der Bürgschaft durch die FFA besteht nicht.
(2) Der Vorstand der FFA entscheidet aufgrund seines pflichtgemäßen Ermessens und unter Vorbehalt zwingender haushaltswirtschaftlicher Gründe über die Gewährung der Bürgschaft.
§ 6
Bewilligung der Bürgschaft
(1) Die Bürgschaftsübernahme wird durch Bescheid bewilligt. Die Bürgschaftshöhe ergibt sich aus der Beteiligungs- oder Finanzierungsvereinbarung.
(2) Die Bürgschaftsurkunde ist im Original spätestens nach erfolgreicher Fertigstellung des Films unaufgefordert an die FFA zurückzugeben.
§ 7
Versagung der Bürgschaft
Gemäß § 85 Abs. 3 FFG darf eine Bürgschaft nicht übernommen werden, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein überdurchschnittlich hohes Risiko für die Inanspruchnahme der FFA aus der Bürgschaft gegeben wäre. Ein überdurchschnittliches Risiko liegt insbesondere vor, wenn sich aufgrund des Finanzierungs- oder Fertigstellungsplanes begründete Zweifel an der plangerechten Realisierung des Filmes ergeben.
§ 7a
Beihilfefähigkeit, Berechnung der Beihilfeintensität und beihilfefähiger Kosten
(1) Beihilfefähig sind die Gesamtkosten der Produktion audiovisueller Werke einschließlich der Kosten für die Verbesserung des Zugangs von Personen mit Behinderungen (Art. 54 Abs. 5 Buchst. a AGVO).
(2) Für die Berechnung der Beihilfeintensität und der beihilfefähigen Kosten werden die Beträge vor Abzug von Steuern und sonstigen Abgaben herangezogen. Auf die beihilfefähigen Kosten oder Ausgaben erhobene, erstattungsfähige Mehrwertsteuer, wird jedoch bei der Ermittlung der Beihilfeintensität und der beihilfefähigen Kosten nicht berücksichtigt. Die beihilfefähigen Kosten sind durch schriftliche Unterlagen zu belegen, die klar, spezifisch und aktuell sein müssen (Art. 7 Abs. 1 AGVO).
(3) Der Beihilfebetrag der Garantie entspricht ihrem Bruttosubventionsäquivalent (vgl. Art. 7 Abs. 2 AGVO). Das Bruttosubventionsäquivalent ist die Höhe der Beihilfe, wenn diese als
Zuschuss für den Empfänger gewährt worden wäre, vor Abzug von Steuern und sonstigen Abgaben (vgl. Art. 2 Nr. 22 AGVO). Die Berechnung des Bruttosubventionsäquivalents erfolgt
a) entweder auf der Grundlage von SAFE-Harbour-Prämien, die in einer Mitteilung der Europäischen Kommission festgelegt sind (Art. 5 Abs. 2 Buchst. c) i) AGVO), oder
b) auf der Grundlage einer von der Europäischen Kommission genehmigten Methode (vgl. Art. 5 Abs. 2 Buchst. c) ii) AGVO).
(4) Nach dieser Richtlinie gewährte Förderhilfen können mit anderen staatlichen Beihilfen kumuliert werden, sofern diese Maßnahmen unterschiedliche bestimmbare beihilfefähige Kosten betreffen, sowie mit anderen staatlichen Beihilfen für dieselben, sich teilweise oder vollständig überschneidenden beihilfefähigen Kosten, sofern dadurch die höchste nach der AGVO für diese Beihilfen geltende Beihilfeintensität beziehungsweise der höchste nach der AGVO für diese Beihilfen geltende Beihilfebetrag nicht überschritten wird (Art. 8 Nr. 2 und 3 AGVO).
(5) Die Beihilfeintensität von Beihilfen für die Produktion audiovisueller Werke darf 50 % der beihilfefähigen Kosten nicht überschreiten (Art. 54 Abs. 6 AGVO).
(6) Die Beihilfeintensität kann wie folgt erhöht werden:
a) auf 60 % der beihilfefähigen Kosten in Fällen grenzübergreifender Produktionen, die von mehr als einem Mitgliedstaat finanziert werden und an denen Produzenten aus mehr als einem Mitgliedstaat beteiligt sind;
b) auf 100 % der beihilfefähigen Kosten in Fällen schwieriger audiovisueller Werke und Koproduktionen, an denen Länder der Liste des Ausschusses für Entwicklungshilfe (DAC) der OECD beteiligt sind (Art. 54 Abs. 7 AGVO).
Als schwierige audiovisuelle Werke gelten
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- Kurzfilme;
- Erst- und Zweitfilme von Regisseuren/innen;
- Dokumentarfilme;
- Werke mit geringen Produktionskosten;
- Filme, deren einzige Originalfassung in der Sprache eines Mitgliedstaats mit kleinem Staatsgebiet bzw. Territorien, geringer Bevölkerungszahl oder begrenztem Sprachraum gedreht wurde;
- Sonstige Filme, die nur eine geringe Marktakzeptanz erwarten lassen und deren Chancen auf wirtschaftliche Verwertung daher als begrenzt qualifiziert werden müssen, insbesondere wegen ihres experimentellen Charakters, wenn und sofern sie aufgrund ihres Inhalts, ihrer Machart, ihrer künstlerischen und/oder technischen Gestaltung oder ihres kulturellen Anspruchs in hohem Maße mit Risiken behaftet sind.
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(7) Sofern die FFA dem/der Hersteller/in Beihilfen für die Vorbereitung der Produktion eines neuen programmfüllenden Films gewährt und das geförderte Drehbuch oder Vorhaben
verfilmt beziehungsweise realisiert wird, werden die Kosten für die Vorbereitung der Produktion in das Gesamtbudget aufgenommen und bei der Berechnung der Beihilfeintensität
für den neuen programmfüllenden Film berücksichtigt.
(8) Informationen über jede Einzelbeihilfe von über € 100.000,00 sind i.d.R. binnen sechs Monaten nach dem Tag der Gewährung der Beihilfe in der Beihilfentransparenzdatenbank
der Europäischen Kommission unter https://webgate.ec.europa.eu/competition/transparency oder auf einer umfassenden nationalen oder regionalen Beihilfe-Website zu veröffentlichen (Art. 9 AGVO).
§ 8
Rückzahlungspflicht
(1) Für den Fall, dass die FFA aus einer von ihr gegebenen Bürgschaft in Anspruch genommen wird, ist der/die Hersteller/in verpflichtet, die gezahlte Bürgschaftssumme, welche jährlich mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen ist, an die FFA zurückzuzahlen. Diese Rückzahlungspflicht besteht unabhängig von der Rückzahlungsverpflichtung ansonsten gewährter Förderung und ist zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die FFA die Bürgschaftssumme auszahlt.
(2) Zur Sicherung ihrer Ansprüche aus der Bürgschaft ist die FFA berechtigt, sich vom/von der Hersteller/in des Filmes im Umfang der gezahlten Bürgschaftssumme noch verfügbare Ansprüche und Rechte zur Herstellung und Auswertung des Filmes abtreten zu lassen. Bestehende Abtretungen zu Finanzierungszwecken sind vorrangig, schließen aber die Möglichkeit der Nachabtretung nicht aus. Im Übrigen ist der/die Hersteller/in des Filmes und sein/ihre Rechtsnachfolger/in verpflichtet, aus künftigen Erlösen die Rückführung der Bürgschaftssumme sicherzustellen.
§ 10
Mitteilungspflichten
Der/Die Antragsteller/in ist verpflichtet, die FFA über sämtliche den Antrag betreffenden Änderungen, insbesondere die Fertigstellung des Films bzw. eventuelle Risiken hinsichtlich der Fertigstellung, zu informieren.
§ 11
Anwendbarkeit der Richtlinie
Diese Richtlinie tritt mit dem Tag der Genehmigung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien am 20.03.2025 in Kraft. Ihre Laufzeit ist bis zum Auslaufen der AGVO zuzüglich einer Anpassungsperiode von sechs Monaten, mithin bis zum 30. Juni 2027 befristet. Sollte die zeitliche Anwendung der AGVO ohne die Beihilferegelung betreffende relevante inhaltliche Veränderungen verlängert werden, verlängert sich die Laufzeit dieser Förderrichtlinie entsprechend, aber nicht über den 31. Dezember 2029 hinaus. Sollte die AGVO nicht verlängert und durch eine neue AGVO ersetzt werden, oder sollten relevante inhaltliche Veränderungen der derzeitigen AGVO vorgenommen werden, wird eine den dann geltenden Freistellungsbestimmungen entsprechende Nachfolge-Förderrichtlinie in Kraft gesetzt werden, die eine Geltungsdauer bis mindestens 31. Dezember 2029 hat.