Musik und Menschenrechte: 1,7 Millionen Euro kulturelle Filmförderung für 14 Dokumentarfilme
Pressemitteilung vom 12.11.2025
In ihrer zweiten Fördersitzung hat die Jury für Dokumentarfilme 1.381.000 Euro Produktionsförderung für neun Filmprojekte vergeben, von denen sechs als Talentfilm gefördert wurden. Darüber hinaus bewilligte sie 315.500 Euro Projektentwicklungsförderung für fünf Dokumentarfilmprojekte. Insgesamt wurden somit 14 Projekte mit 1.696.500 Euro gefördert.
Mehrere geförderte Projekte begleiten Menschen, denen das gemeinsame Musizieren angesichts widriger Umstände Trost und Kraft spendet, so etwa politische Häftlinge in Syrien in „Sijniyya: The Clandestine Music of Sednaya“, einen migrantischen Chor im West-Berlin der 70er Jahre in „Wunderbare Wolken“ und von Selbstbestimmung träumende Rapperinnen in Indien in „Wild Wild Women“. Um Menschenrechte und Gesellschaft drehen sich auch „My Skin And I“ über kollektive Folgen der nicaraguanischen Diktatur und die deutsch-polnisch-ukrainische Koproduktion „Frauen und Krieg“ über die Traumatherapie ukrainischer Kriegsüberlebender.
Gefördert wurden außerdem „Der 29. Tag“ über Netzwerke der Natur, die Doku-Fiction „Oh! You Pretty Things“ über Schönheit und KI und „Quijotes Kamera“ und „Hauswald – Der Wert eines Fotos“, zwei Dokumentarfilme über die Bedeutung von Fotografie. Im Zentrum der fünf Projekte mit Projektentwicklungsförderung stehen ein legendäres Musikalbum, der Papst, eine Mathematikerin, ein Orang-Utan und ein Künstler.
Die Förderung im Detail:
Produktionsförderung
DER 29. TAG
Produktion: Umbrella Films
Drehbuch und Regie: Frauke Sandig, Eric Black
Förderung: 250.000 Euro
Ist die Erde ein gigantischer, sich selbst organisierender Organismus? Ein kollektiv operierendes Netzwerk, wie es sich in Wäldern, Insektenstaaten oder in den Zellen des menschlichen Körpers zeigt? In der Wissenschaft zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab. Der Film begleitet führende Forscher*innen und Visionär*innen auf der Suche nach einem radikal neuen Verständnis des Lebens. Das Projekt erhielt bereits FFA-Drehbuchförderung.
OH! YOU PRETTY THINGS
Produktion: Ma.ja.de. Filmproduktions GmbH
Drehbuch und Regie: Nicola Fegg
Förderung: 245.000 Euro
Das Schwarze KI-Supermodel „Shudu“ erobert die Modewelt – bis sie zu menschlich wird. Während ihre Schöpfer*innen – zwei Schwarze Frauen und ein queerer Unternehmer – in den Hintergrund geraten, beginnt „Shudu“, das System der Model- und Fashion-Industrie zu hinterfragen. Doch in einer Welt, in der KI der Macht dient, hat Rebellion ihren Preis: Löschung.
SIJNIYYA: THE CLANDESTINE MUSIC OF SEDNAYA
Produktion: El Gallo Amazónico Films UG
Drehbuch und Regie: Benjamin Hindrichs
Förderung: 225.000 Euro
Sieben ehemalige politische Gefangene rekonstruieren, wie sie in Syriens berüchtigtstem Foltergefängnis eine geheime Musikszene aufbauten, indem sie Instrumente aus altem Brot, Karton und Kleidungsresten bauten, Musikkurse organisierten und heimlich Konzerte spielten – und kehren erstmals nach Jahren im Exil nach Damaskus zurück.
WUNDERBARE WOLKEN
Produktion: Iskremas Filmproduktion
Drehbuch und Regie: Kerem Ergün
Förderung: 136.000 Euro
Ein West-Berliner Chor türkischer Gastarbeiter*innen erobert in den 1970ern die politischen Bühnen Europas. Als die Mauer fällt, verstummen ihre mutigen Stimmen für immer. Jetzt, viele Jahrzehnte später, treten sie ein letztes Mal gemeinsam auf. Der Dokumentarfilm entsteht auch mit BKM-Filmpreismitteln.
FRAUEN UND KRIEG
Produktion: Ventana-Film
Drehbuch und Regie: Elwira Niewiera, Piotr Rosolowski
Förderung: 130.000 Euro
Drei ukrainische Frauen, die Krieg, Gefangenschaft und Gewalt überlebt haben, nehmen an einer Therapie gegen Kriegstraumata teil. Diese bietet ihnen einen geschützten Raum, in dem sie versuchen, das erlebte Unrecht zu benennen und als Teil ihrer Geschichte anzunehmen. Unter der Betreuung von Psychologinnen beginnen sie behutsam, sich zu öffnen und wieder Vertrauen zu entwickeln. Das Projekt erhielt bereits kulturelle BKM-Stoffentwicklungsförderung.
WILD WILD WOMEN
Produktion: unafilm GmbH
Drehbuch und Regie: Scarlet Richter
Förderung: 115.000 Euro
Fünf junge Rapperinnen aus Mumbai fordern mit ihrer Musik die Grenzen einer patriarchalen Gesellschaft heraus. Aus verschiedenen Kasten stammend, verbindet sie der Traum von Freiheit und Selbstbestimmung. Doch ihr gemeinsamer Weg wird auf eine harte Probe gestellt: Zwischen familiärem Druck, persönlichen Krisen und dem plötzlichen Sprung auf internationale Bühnen wächst der Wunsch nach individueller Entfaltung.
MY SKIN AND I
Produktion: Mayana Films
Drehbuch und Regie: Milton Guillén, Fiona Hall
Förderung: 100.000 Euro
Der hybride Film reagiert als persönliche co-kreative Erzählung auf das autoritäre Regime in Nicaragua. Im Zentrum stehen drei Vater-Sohn-Beziehungen, deren Geschichten sich zwischen kollektiver Erinnerung, zeitgenössischer Dokumentation und radikaler gemeinsamer Imagination entfalten – eine reflexive Betrachtung über politische Gewalt und die Erfahrung von Exil und Widerstand gegen staatliche Repression.
QUIJOTES KAMERA
Produktion: Nominal Film GmbH
Drehbuch und Regie: Cordelia Dvorák
Förderung: 100.000 Euro
Evgen ist süchtig nach Bildern: Seitdem er als Kind sein Augenlicht auf tragische Weise verloren hat, ist sein Blick hinter Glasaugen verbannt und seine Träume in eine Kamera, mit der er durch die Welt wandert und nach seinem Gehör fotografiert. Er hat sich emanzipiert von der Idee, dass nur Licht Sehen möglich macht und (er)findet Bilder wie Don Quijote seine Abenteuer – jedes einzelne ein Akt der Befreiung und Selbstbehauptung.
HAUSWALD – DER WERT EINES FOTOS
Produktion: IT WORKS! Medien
Drehbuch und Regie: Alexander Osang
Förderung: 80.000 Euro
Der Ostberliner Fotograf Hauswald und der Journalist und Autor Osang recherchierten gemeinsam an großen Reportagen, oft in extremen Milieus. Nun wird der Fotograf selbst zum Protagonisten, der Autor zum Regisseur. Hauswald erreichen zwei große Pakete aus Austin, Texas. Sie enthalten die Originalabzüge von Fotos, die er Mitte der 80er Jahre in der DDR aufgenommen hatte. Er öffnet sie wie Zeitkapseln.
Projektentwicklungsförderung
A BREATH ACROSS BORDERS
Produktion: tonbüro
Drehbuch und Regie: Uli Gaulke, Christoph Rohrscheidt
Förderung: 85.000 Euro
Im 50. Jahr nach seiner Veröffentlichung klingt Jean-Michel Jarres Album „Oxygène“ noch immer weltweit nach. Der Dokumentarfilm folgt persönlichen Geschichten von Menschen in verschiedenen Teilen der Welt, deren Leben durch diesen Sound verändert wurde. Die Erzählung wird unterstützt durch KI-Sequenzen, die eine Beziehung zwischen dem kreativen Menschen und der Maschine abbilden, ähnlich wie Jarres Pionierarbeit in der Musik.
DER PAPST AUS PERU – DAS BÖSE WIRD NICHT SIEGEN (AT)
Produktion: inselfilm produktion GmbH
Drehbuch und Regie: Marcel Kolvenbach, Judith Vélez
Förderung: 65.000 Euro
Der investigative Kinodokumentarfilm begleitet drei außergewöhnliche Menschen und ihren Mentor, den späteren Papst Leo XIV., auf einer bewegenden Reise von Peru bis in den Vatikan – im Kampf für Wahrheit, Gerechtigkeit und eine neue Kirche, die versucht, sich den Schattenseiten von Missbrauch, Macht und Verrat zu stellen.
EMMY NOETHER (AT)
Produktion: zero one film
Drehbuch und Regie: Judith Lenze
Förderung: 60.000 Euro
Die Geschichte einer der größten Mathematikerinnen aller Zeiten – und eines Genies, das fast niemand kennt.
DER AFFE, MENSCH
Produktion: HANFGARN & UFER
Drehbuch und Regie: Leif Karpe
Förderung: 53.000 Euro
Dem Orang-Utan Mädchen Sandra wurden 2015 als erstem nicht-menschlichen Wesen juristische Persönlichkeitsrechte zugesprochen. Geschildert wird ihre Reise von 1986, ihrer Geburt in der DDR, der „Ausreise“ in die BRD bis zum Verkauf nach Buenos Aires.
MARTIN KIPPENBERGER – NEVER A DULL MOMENT
Produktion: Bildersturm Filmproduktion
Drehbuch und Regie: Claudia Müller
Förderung: 52.500 Euro
Wie kein anderer hat Martin Kippenberger den Umbruch in der Kunst der 1980er Jahre verkörpert. Der Dokumentarfilm zeichnet nach, wie der anarchistische Allroundkünstler nachfolgenden Generationen von Künstler*innen den Weg zu einem neuen Kunstbegriff gebahnt hat, und macht sichtbar, wie relevant seine Kunst bis heute ist.
Genderübersicht – Jurybasierte kulturelle Produktionsförderung für programmfüllende Dokumentarfilme:
26 Anträge, davon
17 Projekte von/mit Beteiligung weiblicher oder non-binärer Autor*innen
17 Projekte von/mit Beteiligung weiblicher oder non-binärer Regisseur*innen
13 Projekte von/mit Beteiligung einer Produzentin
9 geförderte Projekte, davon
6 Projekte von/mit Beteiligung einer Autorin
6 Projekte von/mit Beteiligung einer Regisseurin
3 Projekte von/mit Beteiligung einer Produzentin
Genderübersicht – Jurybasierte kulturelle Projektentwicklungsförderung für programmfüllende Dokumentarfilme:
15 Anträge, davon
12 Projekte von/mit Beteiligung weiblicher oder non-binärer Autor*innen
12 Projekte von/mit Beteiligung weiblicher oder non-binärer Regisseur*innen
8 Projekte von/mit Beteiligung einer Produzentin
5 geförderte Projekte, davon
3 Projekte von/mit Beteiligung einer Autorin
3 Projekte von/mit Beteiligung einer Regisseurin
1 Projekt von/mit Beteiligung einer Produzentin
An der Sitzung nahmen Isabelle Bertolone, Claas Danielsen, Maximilian Moll, Ümit Uludag und Britta Wauer teil.
Die nächste Fördersitzung der Jury für Dokumentarfilm findet am 11. und 12. Dezember 2025 statt, Einreichfrist für die darauffolgende Sitzung im März 2026 ist der 15. Januar. Zur Übersicht der kommenden Einreich- und Sitzungstermine
Alle Förderentscheidungen des laufenden Jahres finden Sie hier.